Wann führt man eine Blutzucker-Belastungsprobe durch?
Die Blutzucker-Belastungsprobe dient dem Nachweis der Zuckerkrankheit. Als Suchtest beim scheinbar Gesunden wird die Blutzucker-Belastungsprobe nicht empfohlen. Dazu ist sie etwas zu aufwändig.
Anlässe, eine Blutzucker-Belastungsprobe durchzuführen, sind:
- Hinweise für das Vorliegen einer Zuckerkrankheit
- Andere Labortests (Blutzuckerspiegel, Hämoglobin A1c), die auffällige aber nicht eindeutige Ergebnisse liefern
- Zucker im Harn
- Schwangerschaft
Wenn bereits die normalen Blutzuckerwerte einen Diabetes nachweisen, sollte der Test nicht durchgeführt werden.
Wie führt man die Blutzucker-Belastungsprobe durch?
Da gibt es sehr viele Varianten. Allen gemeinsam ist, dass eine bestimmte Menge Zucker zugeführt wird. Dann beobachtet man durch mehrmalige Messung des Blutzuckerspiegels, wie der Körper darauf reagiert.
Am gebräuchlichsten ist folgende Methode:
75g Glucose (Traubenzucker) werden in etwas mehr als einem Viertel-Liter Wasser aufgelöst und vom Patienten innerhalb von 5 Minuten getrunken.
Blutabnahmen erfolgen einmal vor Gabe der Zuckerlösung (Nüchternwert, manchmal "0h-Wert" genannt), anschließend nach einer Stunde (1h-Wert) und auf jeden Fall nach 2h (2h-Wert; wichtigster Wert).
Fallweise werden auch dazwischen noch Blutabnahmen durchgeführt. Für die Definition des Diabetes mellitus nach den neuesten Kriterien ist aber nur der 2h-Wert entscheidend (und natürlich der Wert vor der Zuckergabe. Dieser entspricht ja dem normalen Nüchternblutzucker).
Bei Kindern wird die Zuckermenge nach dem Körpergewicht dosiert. Man gibt 1.75g pro kg Körpergewicht, maximal aber 75g.
Nebenwirkungen des Tests:
Manchmal kann Übelkeit oder auch Erbrechen nach dem Trinken der Zuckerlösung auftreten. Meist stört aber nur das Trinken der unerwartet unangenehm schmeckenden Zuckerlösung.
Prinzip der Blutzucker-Belastungsprobe
Beim Test wird eine Nahrungszufuhr imitiert. Der Blutzucker steigt nach der Einnahme des Zuckers an. Der ansteigende Blutzucker sollte eine Ausschüttung des Hormons Insulin aus der Bauchspeicheldrüse auslösen. Durch Wirkung des Insulins wird der Großteil des aufgenommenen Zuckers in der Leber gespeichert (als Glykogen). Die übrige Menge wird vom Muskel oder vom Fettgewebe aufgenommen. Dies geht sehr rasch. Daher steigt der Blutzucker normalerweise auch nach Zuckergabe nicht sehr stark an. Wenn zu wenig Insulin ausgeschüttet wird, das Insulin aus anderen Gründen nicht wirkt oder andere Hormone die Insulinwirkung behindern, steigt der Blutzucker nach Belastung stark an.
Durch Insulinwirkung wird der Blutzucker nach der Nahrungsaufnahme oder bei der Blutzucker-Belastungsprobe gesenkt | |
![]() | Kohlenhydrate der Nahrung werden bei der Verdauung in kleine Zuckermoleküle gespalten. Diese werden über den Dünndarm ins Blut aufgenommen, ebenso wie der bei der Zuckerbelastung verabreichte Zucker. Die Insulinausschüttung aus der Bauchspeicheldrüse sorgt dafür, dass der Blutzucker rasch verwertet wird: Aufnahme in Muskel, Leber und ins Fettgewebe. Daher steigt der Blutzucker nach Zuckerbelastung normalerweise nur gering an. |
Voraussetzungen für ein richtiges Test-Ergebnis
- Der Patient sollte in den vorangehenden 3 Tagen normale Essgewohnheiten einhalten (d.h., täglich zwischen 150 und 200g Kohlenhydrate zu sich nehmen).
- Die Einnahme störender Medikamente sollte in den vorangehenden 3 Tagen (wenn möglich) unterbleiben
- Mindestens 3-tägiger Abstand zur Menstruation
- Durchführung am Morgen nachdem der Patient 10 bis maximal 16 h kein Nahrung zu sich genommen hat
- Während des Tests sitzen oder liegen
- Während und vor dem Test kein Rauchen
Beurteilung der Ergebnisse der Blutzucker-Belastungsprobe
Normalerweise liegt der Blutzucker-Nüchternwert unter 110 mg/dl (6.1 mmol/l) und der 2h-Wert unter 140mg/dl (7.8mmol/l).
Sowohl ein erhöhter Nüchtern-Blutzuckerwert (Blutzuckerspiegel vor der Zuckergabe über 126mg/dl bzw. 7.0mmol/l) als auch ein erhöhter 2-Stunden-Wert (über 200mg/dl bzw. 11.1mmol/l) gelten als Hinweis auf eine Zuckerkrankheit.
![]() | Blutzuckerspiegel bei Blutzucker- BelastungsProbe Im Vergleich zum Gesunden findet man beim Zuckerkranken: einen höheren Ausgangswert, einen höheren Anstieg, einen langsameren Abfall. (modifiziert nach Guyton, Textbook of Medical Physiology, Saunders-Verlag) |
Nachfolgend die neuen Kriterien für die Diagnose einer Zuckerkrankheit.
Anmerkung: die angegebenen Blutzucker-Grenzen gelten für die Bestimmung aus der Blutflüssigkeit eines aus der Vene abgenommenen Blutes. Für Kapillarblut ("Fingerstich") gelten etwas andere Werte.
Die Definition des Diabetes mellitus: | |
1. | HbA1c 6.5% oder höher. |
2. | Ein Nüchtern-Blutzuckerspiegel von 126mg/dl (=7.0mmol/l) oder höher. Nüchtern heißt: keine Kalorienzufuhr in den letzten 8h. |
3. | Ein Blutzuckerspiegel von 200mg/dl (=11.1 mmol/l) oder höher beim 2-Stunden-Wert des Zuckerbelastungstests (oraler Glucose-Toleranz-Test, OGTT). Bei diesem Test werden 75g Glucose in Wasser gelöst eingenommen. Danach werden Blutzuckermessungen vorgenommen. |
4. | Es finden sich Zeichen des Diabetes (wie große Trink- und Harnmengen) und ein Blutzuckerspiegel von 200mg/dl (=11.1 mmol/l) oder höher. Gilt auch für Blutabnahmen nach Mahlzeiten. |
Hinweise:
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Und wenn man zwischen diesen Grenzen liegt?
Wenn der Blutzuckerwert zwar nicht normal ist, aber auch noch nicht die oben angegebenen Kriterien eines Diabetes erfüllt?
Das bezeichnet man dann entweder als "gestörte Nüchtern-Glucose" (=impaired fasting glucose, IFG), wenn der Nüchternblutzuckerwert größer oder gleich 110mg/dl (6.1 mmol/l) aber unter 126mg/dl (7.0mmol/l) ist.
Oder als "gestörte Glucose-Toleranz" (=impaired glucose tolerance, IGT), wenn der 2-Stunden-Wert des Zuckerbelastungstests größer oder gleich 140mg/dl (7.8mmol/l) aber unter 200 mg/dl (11.1 mmol/l) ist.
Was bedeutet dies jetzt für den Patienten? Einmal muss man überlegen, ob nicht eine andere Erkrankung (also nicht der typische Diabetes) für die Erhöhung verantwortlich ist (Beispiele unter Blutzucker-Erhöhung). Und man wird regelmäßige Blutzuckerkontrollen vorsehen, weil Personen mit gestörter Nüchternglucose oder gestörter Glucose-Toleranz ein höheres Risiko haben, einmal wirklich einen Diabetes zu entwickeln. Abgesehen davon, haben solche Personen statistisch gesehen ein höheres Risiko für Herz- und Gefäßerkrankungen ("Gefäßverkalkung", Infarkt, Schlaganfall u.a.).
Ob dieses Risiko aber wirklich von den leicht erhöhten Blutzuckerwerten kommt, ist nicht so klar. Personen mit gestörter Glucose-Toleranz haben oft auch andere Riskofaktoren (Blutfette, Blutdruck, Übergewicht), die ebenfalls Ursache der Gefäßschädigungen sein könnten.
Blutzucker-Belastungsprobe in der Schwangerschaft
Da in der Schwangerschaft eine Neigung zu erhöhten Blutzuckerspiegeln besteht und diese dem Kind schaden könnten, wird in jeder Schwangerschaft nach dem Vorliegen eines Schwangerschaftsdiabetes der Mutter gesucht. Wann und wie getestet wird, wird nicht ganz einheitlich gehandhabt und eifrig von Experten diskutiert. Ein Blutzuckerbelastungstest wird aber meist notwendig sein.
Wann wird nach dem Schwangerschaftsdiabetes gesucht? Liegen Risikofaktoren vor (hohes Alter, Fettleibigkeit, starke Gewichtszunahme in der Schwangerschaft, Diabetesfälle in der Familie, frühere Früh- oder Fehlgeburten, frühere Geburten mit Geburtsgewichten >4000g) sollte man sobald wie möglich testen und die Tests in der 24. bis 28. Schwangerschaftswoche wiederholen. Schwangere mit normalem Risiko testet man in der 24. bis 28. Schwangerschaftswoche. Wie erkennt man den Schwangerschaftsdiabetes?
HbA1c zur Erkennung des Schwangeschaftsdiabetes? Was macht man, wenn ein Schwangerschaftsdiabetes vorliegt? Wie groß ist bei Schwangerschaftssdiabetes das Risiko für das Kind? |